Der übergewichtige Diabetiker Herr B., der spät abends noch länger fernsehen wollte, erlitt irgendwann im Laufe der Nacht einen Schlaganfall. Seine Frau schlief zu dieser Zeit. Sie fand ihn erst Stunden später hilflos im Fernsehsessel sitzend. Niemand konnte sagen, wie lange Herr B. dort gesessen hatte - aber als er nach langem Klinikaufenthalt und anschließender, mehrere Monate dauernder Reha-Maßnahme wieder nach Hause kam, war er ein häuslicher Pflegefall. Mehrmals am Tag musste ein Pflegedienst kommen, um ihn zu versorgen. Seine Frau half zwar nach Kräften mit, konnte einen Teil der Aufgaben aber nicht übernehmen. In diesem Fall genügte allerdings ein normaler Pflegedienst. Denn Herr B. war kein Schwerstpflegefall und nicht beatmungspflichtig.
Wann sind intensivpflegerische Maßnahmen erforderlich?
Häusliche Intensivpflege betrifft Personen jedes Alters. Die Pflegebedürftigkeit kann durch schwerste Behinderungen, schwere Erkrankung oder schwere Unfälle eintreten. Die von Intensivpflegediensten betreuten Patienten gelten als schwerstpflegebedürftig und/oder sind beatmungspflichtig. Die klinischen Möglichkeiten sind ausgereizt, der Therapieerfolg in der Reha-Klinik verspricht keine weitere Besserung. Zwar können auch jetzt noch kleine Verbesserungen des Gesamtzustandes eintreten, aber der Betroffene ist und bleibt ein schwerstkranker Pflegefall. Er benötigt rund um die Uhr intensive Pflegemaßnahmen und eine hohe Betreuungsdichte. Manche Betroffenen müssen rund um die Uhr beatmet werden. In anderen Fällen müssen nur die Trachealkanülen abgesaugt werden. Das Wundliegen muss bei allen dauerhaft bettlägerigen Patienten verhindert werden. Der für solche Fälle zuständige Pflegedienst muss über spezielle Kenntnisse verfügen, die normale Pflegedienst-Angestellte nicht haben.
Die intensivpflegerische Überwachung muss ebenso wie die Pflege rund um die Uhr verfügbar sein. Jederzeit könnte eine Infektion oder ein anderes akutes Geschehnis das Leben des Betroffenen bedrohen. Unsachgemäß ausgeführte Pflegemaßnahmen könnten zu weiteren Komplikationen oder gar zum Tod für den Betroffenen führen. Zu den typischen Diagnosen, die eine häusliche Intensivpflege erfordern können, gehören
- die Amyothrophe Lateralsklerose (ALS)
- komplette Lähmungen vom Halsbereich abwärts
- schwere Tumorerkrankungen
- die schwerwiegenden Folgen von Schädel-Hirn-Traumata
- das apallische Syndrom
- chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen
- ein hypoxischer Hirnschaden infolge von Reanimationen
- oder das Locked-in-Syndrom.
Außerdem sind auch bei bestimmten neurologischen oder pneumologischen Erkrankungen außerklinische Maßnahmen der Intensivpflege notwendig. Nicht alle atmungspflichtigen Patienten sind dauerhaft bettlägerig. Manche können dank eines Beatmungsgeräts am Rollstuhl eine gewisse Mobilität genießen. Andere müssen eine pflegerische Rundum-Versorgung erhalten. Dabei können neben der medizinischen Grundpflege auch Maßnahmen der Wundpflege, des Verbandswechsels oder die eng abgestimmte Kooperation mit den behandelnden Medizinern eine Rolle spielen.
Wo können intensivpflegerische Maßnahmen angewendet werden?
Intensivpflege kann sowohl im eigenen Wohnsitz der Betroffenen erfolgen, als auch in speziellen Behinderten-Einrichtungen oder Wohngemeinschaften stattfinden. Dabei gilt der im Sozialgesetzbuch XII, §13 verankerte Leitsatz "ambulant geht vor stationär". Die als austherapiert geltenden Betroffenen sollen von speziell geschulten Pflegern in einem vertrauten Umfeld gepflegt werden, statt in einer Klinik oder einem Pflegeheim. Je nach vorliegender Problematik müssen die Intensivpflegemaßnahmen auf das Krankheitsbild und den Zustand des Patienten abgestimmt werden. Der beauftragte Pflegedienst sollte zuverlässig und kompetent alle notwendigen Pflegemaßnahmen erledigen können. In der Regel helfen die Angehörigen den Pflegekräften zwar; sie können und dürfen dies aber nur in einem gewissen Umfang und nachgründlicher Einweisung tun.
Welche Ansprüche werden an Intensivpflegedienste gestellt?
Neben den pflegerischen Ansprüchen sind von unserem Team auch umfangreiche Dokumentationspflichten zu beachten. Das Dokumentieren ist zwar zeitaufwändig, aber es ist eine unerlässliche Grundvoraussetzung dafür, dass jede unserer Pflegekräfte zu jedem Zeitpunkt über gesundheitliche Veränderungen oder getroffene Maßnahmen im Bilde ist. Außerdem dienen solche Dokumentationen
- dem Austausch der Pflegekräfte mit helfenden Familienangehörigen
- die ausreichenden Information betreuender Fachärzte
- oder dem Aufzeigen der Notwendigkeit für ergänzender Therapiemaßnahmen
Vorrangiges Ziel aller ausgeführten Intensivpflegemaßnahmen für beatmungspflichtige Gelähmte mit hohem Querschnitt oder Koma-Patienten ist es, die Lebensqualität so hoch wie möglich zu gestalten und den Betroffenen im familiären Alltag einen Platz einzuräumen. Darunter dürfen die medizinischen Standards aber nicht leiden.
Hilfe - wir benötigen einen Intensivpflegedienst
Für die Angehörigen eines intensivmedizinisch zu pflegenden Menschen ist es wichtig, sich vorab über Art und Umfang der notwendigen Maßnahmen und einen geeigneten Pflegedienst zu informieren. Hilfestellungen werden dabei von den Sozialdiensten geboten, die schon in der Klinik angesprochen werden können. Mit diesen Hilfen kann die Überstellung in die private Intensivpflege problemlos gestaltet werden. Alles ist vorbereitet und auf den schwerstpflegedürftigen Patienten abgestellt. Auch von unseren Fachkräften kann die Familie sich beraten lassen, um den Übergang zur heimischen Intensivpflege emotionell zu schaffen. Die notwendigen Beatmungsgeräte und Pflegebetten sind dank guter Organisation und der Mithilfe von örtlichen Sanitätshäusern zur rechten Zeit am rechten Ort.