Eine geistige Behinderung stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor sehr unterschiedliche Herausforderungen. Zu betrachten ist, welche Form der geistigen Behinderung vorliegt, ob sich der Zustand verschlechtert und inwieweit die geistige Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. So ist nicht jede geistige Behinderung als Ursache für Pflegebedürftigkeit ein zu stufen.
Da die Inklusion geistig eingeschränkter Personen in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt stetig voranschreitet, haben sich die Ansätze geändert. Während früher die betroffenen Personen meist in Heime verbracht wurden und kaum am Leben teilnahmen, geht es heute um den Erhalt einer maximal möglichen Selbstständigkeit. Entsprechend sind wirkliche Pflegemaßnahmen erst dann nötig, wenn die Betroffenen wirklich hilflos aufgrund ihrer geistigen Behinderung sind oder werden.
Herausforderungen der Pflege geistig behinderter Menschen
Pflege im alltäglichen Sinne wird vor allem mit der Hilfe zur Selbstpflege assoziiert. Meist geht es darum, Menschen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, zu unterstützen und ihnen das Lebenswichtige zu geben.
Die Pflege geistig behinderter Personen kann sich hiervon stark unterscheiden. So ist es etwa nicht zwingend so, dass die Menschen unfähig sind, sich selbst zu versorgen. Der Mangel an Fertigkeiten kann sich auch nur auf einzelne Bereiche beschränken. In vielen Fällen gelingen komplexe Aufgaben nicht, aber einfache Aufgaben sehr wohl. Zu beobachten ist dies beispielsweise bei Demenzerkrankungen: Einfache Tätigkeiten (mit Anweisung) können ausgeführt werden. Aufgaben, die in Planungen und Teilschritte zerfallen, scheitern hingegen.
Aber auch andere kognitive Beeinträchtigungen führen zu diesem Phänomen. So können hier etwa das Down-Syndrom und einige Arten aus dem Autismus-Spektrum herangezogen werden. Ohne Frage sind diese Menschen kognitiv unterschiedlich befähigt. Entsprechend müssen ihre Fähigkeiten im Auge behalten werden, um das richtige Maß an Pflegeleistungen zu garantieren. Stellt sich schließlich ein Pflegebedarf ein, kommt es mitunter zu großen Herausforderungen. So wissen Angehörige meist genau, was die Pflegebedürftigen (kognitiv) können und was nicht.
Es kommt aber für die Pflegekräfte zu folgenden Herausforderungen:
- Der Gepflegte kann mitunter nicht richtig kommunizieren
- Der Gepflegte kann einfachste Tätigkeiten nicht ausführen
- Der Gepflegte ist aufgrund seiner Behinderung gelegentlich oder permanent verwirrt
- Es kommt zu emotionalen Ausbrüchen
- Es kann zu Verzweiflung bei den Gepflegten kommen, weil diese an Dingen scheitern
- Die geistige Behinderung führt zu Missverständnissen
Das Dilemma besteht im Falle der Pflegebedürftigkeit auch darin, dass es nicht allen Umstehenden klar ist, was der Gepflegte noch kann und möchte. Zuweilen fehlt es an Zeit (und Geduld), um den Menschen noch ein Ausleben ihrer Interessen und Fähigkeiten zu ermöglichen.
Nicht zuletzt kann eine schwere geistige Behinderung zu einer völligen Hilflosigkeit führen, was besonders für die Angehörigen schwierig ist. Entsprechend ist hier besonderes Einfühlungsvermögen umso wichtiger.
Der Wert einer langfristigen persönlichen Beziehung bei der Pflege geistig behinderter Menschen
Da geistig behinderte Menschen in Sachen Kommunikation und Zuwendung mehr Bedarf haben als Menschen, die einfach Unterstützung brauchen, müssen diese auch entsprechend kennengelernt werden. So muss für das Pflegeteam ersichtlich werden, welche Fähigkeiten der Gepflegte hat. Angehörige können hier wertvolle Dienste leisten, da sie dies vermitteln können.
Stetig wechselnde Pflegekräfte sind in diesem Kontext wenig hilfreich. Schließlich kann von immer neuen Personen nicht erwartet werden, dass sie jede Situation sofort richtig einschätzen. Auch hier liegt die Gefahr darin, dass Missverständnisse schneller entstehen.
Es geht bei der Pflege von geistig behinderten Menschen viel darum, langfristig ein sicheres Umfeld zu schaffen. Der Gepflegte muss in eine Umgebung gelangen, die seinen Bedürfnissen entspricht. Dies schließt soziale Bindungen ebenso mit ein wie Beschäftigungen und die Pflege an sich.
Möglichkeiten der Betreuung geistig behinderter Menschen
Während viele geistige Behinderungen von der Familie gut aufgefangen werden können, ist ein Pflegebedarf eine Herausforderung, die meist professionelle Pflegekräfte bedingt. Es stehen hier eine Reihe an Möglichkeiten zur Verfügung.
Beispielsweise sind im Falle geistiger Behinderungen Wohngruppen recht geeignet. Hier leben die Menschen in Wohnverhältnissen, die ihren Ansprüchen und Anforderungen entsprechen. Einen gleichen Ansatz verfolgte das betreute Wohnen. Allerdings kommt dies nur für Personen in Frage, die noch größtenteils selbstständig agieren können. Geht dies verloren, kommen andere Pflegemöglichkeiten in Betracht.
Bei Menschen, die zuhause verbleiben, bietet sich die ambulante Pflege an. Allerdings sollte hier darauf geachtet werden, dass die Pflegekräfte über einen langen Zeitraum eingeplant werden, damit Gepflegter und Pflegende sich ausreichend kennenlernen können. So kann dem Gepflegten ein Verbleib in seinem gewohnten Umfeld ermöglicht werden. In vielen Fällen ist dieses Umfeld aufgrund seiner geistigen Behinderung ohnehin schon auf ihn ausgelegt, was Vieles erleichtert. Es wird so mitunter hinfällig, erst eine passende Umgebung für den Erkrankten zu schaffen.